Mehr als 700 Wohnungen in der Stadt werden über AirBnB und andere Buchungsplattformen der Wohnnutzung entzogen. Mehr als 2000 Wohnungen in der Stadt stehen leer. Wohnen ist teuer in der Stadt. Die Stadtregierung müsste also dringend handeln und alles dazu beitragen, dass bezahlbarer Wohnraum nicht verloren geht.
Vor wenigen Wochen, d.h. am 22. Oktober, fand die Schlüsselübergabe der Wohnobjekte in der Bienerstraße statt. Diese wurden für ihre verdichtete Bauweise wiederholt gerügt. Über die Qualität dieses Wohnraums gehen die Meinungen nun bekanntlich auseinander. Fakt ist jedoch, dass Menschen bei der Schlüsselübergabe ein neues Dach über dem Kopf bekommen. Für den Bürgermeister, der die Wohnungsfrage zur Chefsache erklärt hat, ein willkommener Anlass, darzustellen, dass er auf diesem Gebiet nicht untätig ist.
Nun wird jedoch ein anderer Sachverhalt immer offensichtlicher: Während auf der einen Seite neuer Wohnraum entsteht, verschwindet selbiger auf der anderen Seite oder wird durch zweckentfremdete Nutzung dem Wohnungsmarkt entzogen. Dabei sind nicht nur spekulativer Leerstand, Kurzzeitvermietungen und die Beseitigung von Wohnraum zugunsten der Hotelerie ein virales Problem in der Stadt Innsbruck, sondern auch der Umgang der Stadtregierung mit dieser bedenklichen Entwicklung:
Zuletzt wurde bekannt, dass die Stadt ein Hotelprojekt in der Blasius-Hueber-Straße 4 absegnen werde. Der Baurechtsvertrag, der 2015 zwischen der Bundesforste und der Alpenbau Tirol (ABT) abgeschlossen wurde, sah ausschließlich die Errichtung von Wohnungen vor. Dies wurde mittlerweile geändert und der abgeänderte Baurechtsvertrag mit der BHS Immobilienverwaltung (der Rechtsnachfolgerin der ABT) gestattet mittlerweile die Errichtung eines Beherbergungsbetriebs. Nun soll das Objekt umgebaut werden und an die Low-Budget-Hotelkette Meininger verpachtet und der Innenbereich der Immobilie so umgebaut werden, dass 76 Zimmer mit insgesamt 261 Betten Platz haben. Freilich ist dies lukrativer als die Vermietung der bestehenden Wohnungen.
Die Wohnanlage wurde nämlich in den 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts errichtet und unterliegt somit dem Richtwertmietzins gemäß §16 Abs. 2 MRG, der eine gewisse Begrenzung und jedenfalls eine gesetzliche Überprüfbarkeit der Miethöhe vor der Schlichtungsstelle vorsieht. Für die Erzielung möglichst hoher Mieterträge ist ein Altbau weniger geeignet. Da ist ein Totalabriss und die Neuerrichtung besser. Solange wesentliche Bauteile erhalten bleiben, können Bestimmungen aus dem MRG die Miethöhe schlagend werden und einen „angemessenen Hauptmietzins“ (nach §16 Abs. 1 MRG) vorsehen, der zwar beinahe dem frei gebildeten Mietzins entspricht, im Gegensatz zur diesem immerhin vor der Schlichtungsstelle überprüfbar ist. Auch dies hätte die Renditen geschmälert.
Folgerichtig hätte das zuvor angedachte Wohnbauprojekt den Abriss des Gebäudes vorgesehen und dieser stieß auf den Widerstand des Gestaltungsbeirats, der sich auf den Ortsbildschutz berief. Das Gebäude wurde von der Stadt unter Schutz gestellt. Damit wurde den Bauplänen ein Strich durch die Rechnung gemacht. Freilich wäre die weitere Vermietung wirtschaftlich vertretbar gewesen. Allerdings weitaus weniger profitabel als ein Beherbergungsbetrieb. Und somit verschwindet weiterer bezahlbarer Wohnraum von der Bildfläche. So weit so schlecht.
Wenig ruhmreich dabei ist die Rolle der Stadt Innsbruck, die das geplante Projekt durch eine Umwidmung auch noch ermöglichen will. Denn Großbeherbergung ist in einem gewidmeten Wohngebiet nicht möglich. Das soll nun zugunsten einer Hotelkette geändert werden. Folgerichtig hat der Bürgermeister, der das Wohnungsthema ansonsten meist zur Chefsache erklärte, den Ball an den Stadtplaner Hans Peter Sailer weitergereicht.
Auch der ehemalige Baustadtrat Gerhard Fritz verteidigt das Projekt mit den Worten, dass die Stadt den Eigentümer nicht zwingen könne, das Objekt zu vermieten. Das ist für ihn offenkundig Grund genug, der Zweckentfremdung von Wohnraum den roten Teppich auszurollen. Dies könnte jedoch Schule machen. Folglich dürfte sich die Stadtregierung auf einmal mit weiteren Eigentümern konfrontiert sehen, die lieber einen Hotelbetrieb errichten wollen als gemäß dem Richtwertegesetz zu vermieten. Wenn sie diesen Wünschen dann auch stattgibt, kann sich die Stadt schon einmal anschicken, weitere Baugründe zu mobilisieren. Denn die halbe Bevölkerung von Wilten, Pradl, Saggen, Mariahilf, Hötting und der Innenstadt wird dann der Deckung eines mutmaßlichen Hotelbedarfs geopfert.
Die Stadt tut nichts anderes, als durch den Neubau von Wohnungen Wasser in ein Fass ohne Boden zu gießen. Die Vernichtung von bezahlbarem Wohnraum findet statt, während der Bürgermeister neue Wohnungen übergibt. Das ist zwar nicht nachhaltig, aber immerhin medienwirksam.
Dieses Spiel wird die Alternative Liste Innsbruck jedenfalls nicht mitspielen und im Gemeinderat gegen eine Umwidmung des Areals in der Blasius-Hueber-Straße stimmen, sobald diese zur Beschlussfassung gelangt.
Autor: Roland Steixner
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2 Gedanken zu „Hotelbetten statt Wohnraum – Ärger um ein Bauprojekt in der Blasius-Hueber-Straße“