Busparkplatz als Streitthema im Sommerloch

Wer glaubt, dass diesen Sommer auf Gemeindeebene nicht viel diskutiert würde, täuscht sich. Der Nationalratswahlkampf überlagert freilich das Stadtgeflüster, aber es gibt ein Thema, um das derzeit niemand herumkommt: der Parkplatz für Reisebusse im Fenner-Areal.

Im Zuge des MCI-Neubaus hätte auch eine Bustiefgarage entstehen sollen. Allerdings hat die Kostenüberschreitung des Siegerprojekts des Architektenwettbewerbs nun zum Stopp und Neustart des Vorhabens geführt. Eine Bustiefgarage ist nun nicht mehr geplant, doch für den Neubau sollen die Flächen des bisherigen Busparkplatzes in Anspruch genommen werden.

Daher sucht die Stadt fieberhaft nach einer Lösung. Während FPÖ und FI an einer Bustiefgarage festhalten, favorisiert insbesondere Bürgermeister Georg Willi die Anmietung einer Fläche der Bundesgärten, auf der sich derzeit die Bundesgärtnerei mitsamt Gewächshäusern befindet. Die FPÖ spricht in diesem Zusammenhang von „Zubetoniererei“ die wieder einmal unter den Grünen betrieben werde. So ganz stimmt das natürlich nicht wirklich. Auch bisher ist die Fläche bereits mehr oder weniger versiegelt. Dort befinden sich Gewächshäuser. Die Menge an Grün, die hier weichen müsste, wäre natürlich überschaubar, zumal die Pflanzen hier großteils übersiedeln können.

Ein anderer Aspekt sind allerdings die Sorgen der Anrainer*innen, die sich gegen die Verlegung des Busparkplatzes Richtung Norden wehren. Auch aus anderen Städten ist bekannt, dass Busparkplätze ein extrem hohes Potenzial für Nutzungskonflikte bergen. So gibt es in Salzburg eine Bürgerinitiative, die die Beseitigung des Reisebusterminals in der Paris-Lodron-Straße fordert. Auch in Innsbruck ist der Bustourismus erheblich und für die Anrainer*innen zweifellos belastend. Die Proteste der Bewohner*innen der Heiliggeiststraße gegen den zunehmenden Busverkehr haben nicht zuletzt auch mit den Reisebussen zu tun, die dort halten.

Das stärkste Argument gegen den Bau einer Bustiefgarage sind freilich die Kosten. Die bis zu 40 Millionen Euro, die für den Bau einer solchen veranschlagt werden, müssen irgendwie wieder refinanziert werden. Freilich sollte die öffentliche Hand nicht darauf sitzen bleiben. Wenn aber die Stellplätze zu angemessen hohen Preisen vermietet werden, dann könnte sich das Projekt sehr wohl tragen. Vor allem dann, wenn die Reisebusse an der Nutzung der Tiefgarage nicht vorbeikommen. Wenn ein Interesse an günstigeren Tarifen besteht, dann soll der Tourismusverband Mittel für den Bau zuschießen. Doch der beabsichtigt eher, den Fußballplatz einem neuen Busparkplatz zu opfern.

Das beste Argument für den Bau einer Tiefgarage ist freilich die sparsame und effiziente Flächennutzung. Auf diese Weise kann die oberirdische Fläche auch noch anderweitig genutzt werden. Die Überbauung von von Tankstellen und Einkaufzentren und die Schaffung von unterirdischen Stellplätzen ist freilich das Einmaleins einer platzsparenden Raumplanung. Hinzukommt, dass das Laufenlassen des Motors im Stand in Parkgaragen praktisch unmöglich ist und somit auch diesem Übel des Straßenverkehrs vorgebeugt wird. In diesem Punkt muss der Argumentation von Oppitz und Krackl zugestimmt werden.

Vor diesem Hintergrund muss man sich über die Argumentation von Grünen und SPÖ etwas wundern. Besonders befremdlich erscheint die Idee eines „Kiss and ride“-Konzepts. Was es , wenn die Reisebusse die Reisenden in der Stadt absetzen, um dann mit dem leeren Fahrzeug bis ans Ende der Stadt zu fahren, um es dann auf einem (vermutlich oberirdischen) Stellplatz abzustellen, wissen wohl nur die schlauen Köpfe, die auf diese Schnapsidee gekommen sind. Damit wird das Busparkplatzproblem nur an den Rand der Stadt verlagert. Die Bodenversiegelung wird übrigens nicht besser, wenn sie am Stadtrand durchgeführt wird. Also kann man besser gleich die Tiefgaragenparkplätze in der Stadt schaffen und die Tourist*innen dort ein- und aussteigen lassen.

„Kiss and ride“ hat mit Reisebussen nichts zu tun, sondern war ursprünglich ein Begriff für das Phänomen, dass Frauen ihre Ehemänner mit dem Auto in die Arbeit bringen, um es anschließend selbst zu nutzen. Später wurde die Bezeichnung für den Transport von Angehörigen generell ausgeweitet. So wurden „Kiss and ride“-Zonen an Bahnhöfen, vor Schulen und vor Krankenhäusern eingerichtet. „Kiss and ride“ steht für extrem kurzes Parken zum Ein- und Ausstieg. Für die Ein- und Ausstiegsdauer einer ganzen Reisegruppe wäre der Ausdruck „Fuck and ride“ wohl angemessener.

Auch für den Tourismus gilt, dass unbegrenztes Wachstum in einem begrenzten System nicht möglich ist und dass das Wachstum des einen den Niedergang des anderen bedingt.

Daher sollten wir uns ernsthaft der Frage stellen, wie viel Tourismus wir in der Stadt haben wollen, wie er aussehen soll und was die Politik dafür zu tun bereit ist, um ihn so zu gestalten, dass er dem Wohl der Allgemeinheit dient und nicht schadet. Einem FPÖ-Stadtrat, der ansonsten stets gegen die vermeintliche „Überfremdung“ wettert, verdankt die Stadt übrigens den Massenansturm aus Italien vor allem in der Adventszeit und zum von ihm erfundenen „Bergsilvester“. Wenn sich die Stadtbewohner*innen vorlauter Reisegruppen nicht mehr bewegen können, dann ist das offenkundig zweitrangig. Ein Bekenntnis zu einer Begrenzung der Gästezahlen erhofft man sich aber auch von einem grünen Bürgermeister vergeblich. Zu groß ist offenbar der Druck aus der Tourismuslobby, die die Stadtpolitik fest im Griff hat. So haben auch die Grünen das Dogma der Hotelstudie nachgebetet, obwohl es tirolweit genügend Hotels gibt, die leer stehen und des an Unterbringungsmöglichkeiten für Tourist*innen bei weitem nicht mangelt. Ein Reisebuskonzept, wie von der SPÖ gefordert, ist sicher eine gute und richtige Sache, kann aber die Beantwortung der zentralen Fragestellung nicht ersetzen.

Der Bürgermeister geht der Diskussion um die Grundsatzfrage hier aus dem Weg und verlagert sie in die Zukunft, wenn er meint, dass in einem Jahrzehnt der Tourismus möglicherweise ganz anders aussehen werde und dass die Anmietung der Flächen von den Bundesgärten ja nur eine provisorische Lösung sei und man dann weitersehen werde, aber man künftig mehr Flexibilität hätte. Nun denn. Immerhin bekommen wir ein größeres Palmenhaus. Wenn die Klimaerwärmung so weitergeht, können wir uns das aber auch gleich sparen. Es gibt indes aber das Sprichwort, dass nichts so dauerhaft sei wie ein Provisorium.

Roland Steixner

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