Das RAIQA – Bank und Stadt eng verflochten

Innsbruck hat keinen Mangel an Hotels und die Region um den Hauptbahnhof schon gar nicht. Mit dem Hotel Sailer (88 Zimmer, etwa 160 Betten), dem Hotel aDLERS (75 Zimmer, 145 Betten), dem Hotel Europa (108 Zimmer, rund 200 Betten), dem Hotel Ibis (75 Zimmer) und dem geplanten Hotel im P3 (etwa 240 Zimmer) ist der Bedarf reichlich gedeckt. Nun soll die Tourismuslandschaft rund im den Innsbrucker Hauptbahnhof um ein 4-Sterne-Hotel erweitert werden. Dieses soll 167 Zimmer und 334 Betten haben. Betreiben soll dieses Hotel die Hotelkette RADISSON RED.

Die sogenannte Raiffeisenpassage, die den Hauptbahnhof mit der Adamgasse verbindet, ist tatsächlich ein hoch frequentiertes Areal. Es dürfte niemanden in Innsbruck geben, der diese Passage nicht kennt. Pendler*innen, die mit dem Zug anreisen, dürfte die Passage sogar noch bekannter sein, da sie faktisch das Tor zur Stadt darstellt. Wer dem Autoverkehr ausweichen und vom Bahnhof direkt zum Bozner Platz, in die Maria-Theresien-Straße oder in die Altstadt will, geht am besten durch das Gelände der RLB. Und das tun im Schnitt mehr als 10 000 Menschen pro Tag. Vermutlich in erster Linie an Werktagen, aber immerhin.

Das RLB-Gelände hat tatsächlich Verbesserungspotential. Das Gebäude der Raiffeisen Landesbank – ein Bau aus den 60er-Jahren – entspricht freilich nicht unbedingt dem modernen ästhetischen Empfinden. Der Platz hinter dem RLB-Gebäude ist prinzipiell jedoch gar nicht so unansehnlich. Die Aufenthaltsqualität ist allerdings in erster Linie aufgrund des Fehlens von adäquaten Sitzgelegenheiten eingeschränkt. In Hinblick auf die räumliche Gestaltung besteht daher Verbesserungsbedarf.

Das sollten Bänke sein. Allerdings ist nur mehr das Skelett vorhanden. Die Sprossen fehlen.
Mehr solcher Nicht-Bänke…
…bilden ein lauschiges Ensemble.
Eine Überwachungskamera darf dabei nicht fehlen. Im Hintergrund der morbide Charme der Waschbetonfassade des RLB-Gebäudes.

Diese Tatsache hat die RLB freilich jetzt genutzt, um mit der Stadt zu verhandeln und ihr eine Verbesserung der Platzgestaltung anzubieten. Im Gegenzug kann die RLB ihr Gebäude entsprechend ausweiten und Platz für allerlei Räumlichkeiten und einen Hotelbetrieb zu schaffen. Da die bestehende Widmung nur einen Hotelbetrieb mit bis zu 150 Betten zulässt, muss die Stadt nicht nur den Bebauungsplan adaptieren, sondern auch noch die Fläche des geplanten Hotels in „Sonderfläche Beherbergungsbetrieb“ umwidmen. Über die Bereitschaft der Stadt, das zu ermöglichen, ist die Bank freilich so erfreut, dass der Bürgermeister in der Promotion dieses Bauprojekts auch was sagen darf. Und der Bürgermeister nimmt das Angebot dankbar an, auch wenn es nur ein paar Bänke gebraucht hätte, um den Platz zu einer netten Örtlichkeit zu machen.

Die nördliche Einfahrt soll weichen…
… und durch einen Platz ersetzt werden. Aber das ist auch schon der einzige nennenswerte Mehrwert des Projekts.

Ob der Mehrwert, der für die Menschen in Innsbruck und die Einpendler*innen so groß ist, dass der RLB gleich ein dermaßen lukratives Angebot unterbreitet werden muss, darf bezweifelt werden. Wieder einmal erhärtet sich der Eindruck, dass die Stadt alles tut, um es Banken, Architekt*innen und Baufirmen recht zu machen. Andexlinger von der Stadtplanung bringt die dahintersteckende Ansicht auf den Punkt, indem er behauptet, dass sich Stadtentwicklung und bauwillige Investoren gegenseitig bedingen und brauchen. Das stimmt freilich nur unter der Prämisse der Akzeptanz eines umfangreichen privaten und finanzmarktgetriebenen Immobiliensektors.

Wir sehen aber an allen Enden, dass man dem kapitalistischen Markt das Immobiliengeschäft besser nicht überlässt und wenn man schon glaubt, mit privaten Investoren verhandeln zu müssen, dann sollte man es bitte nicht so billig machen, wie es die Stadt laufend tut. Eine aufgewertete Passage ist ja ganz nett, aber kein hinreichender Grund, der RLB ein solches Widmungsgeschenk zu machen. Ganz abgesehen davon, droht dem gewonnenen Platz ein verlorener gegenüberzustehen, sodass wir es eher mit einer neuen Anordnung als mit einem Platzgewinn zu tun haben. Und dass das Giebelkreuz den Namen eines Sozialreformers trägt, der eine Genossenschaftsbank für die Bauern, Arbeiter und Handwerker gründete, ändert nichts daran, dass es sich dabei heute um einen international agierenden Finanzdienstleister handelt, der alljährlich satte Gewinne schreibt.

Ein Blick von oben auf das geplante Gebäude. Wie es aussieht, bleibt vom bestehenden Platz nicht viel übrig. Der neu entstehende Platz rechts unten) sieht auf den Darstellungen auch größer aus als auf diesem Modell.

Wieder einmal wird Mensch den Eindruck nicht los, dass eine Hand die andere wäscht. Wieder einmal beschleicht einem des Gefühl, dass die Stadt um sterile, tote Räume bereichert werden wird, die niemand braucht, während bestehende verschwinden. Hauptsache, der Bürgermeister Georg Willi geht mit dem Vorstandsvorsitzenden der RLB, Johannes Ortner, werbewirksam durch die Stadt spazieren und verkündet, wie wichtig doch ein gutes Verhältnis zwischen einer Bank und der Stadt sei. Dass da der in Sonntags- und Wahlkampfreden so lautstark proklamierte öffentliche Mehrwert schon mal aus dem Blick geraten kann, ist jetzt nicht wirklich verwunderlich. Es handelt sich dabei leider um keinen Einzelfall. So funktioniert das halt mit der Stadtpolitik und den Investoren.

Die Alternative Liste Innsbruck verweigert diesem Projekt als einzige Gemeinderatsfraktion die Zustimmung. Nicht zum ersten und mit Sicherheit nicht zum letzten Mal ist sie die einzige kritische Stimme gegen ein finanzmarktgetriebenes Bauprojekt in der Stadt.

Roland Steixner

Fotos: Roland Steixner

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