BUWOG-Wohnungen wieder in öffentliche Hand!

Die erste schwarzblaue Bundesregierung unter dem selbsternannten Wendekanzler Schüssel hat der BUWOG 2001 die Gemeinnützigkeit aberkannt und anschließend privatisiert. Dabei wurden die Immobilien schrittweise an unterschiedliche Immobilienkonzerne verkauft, während die BUWOG -Group in den deutschen Immobilienmarkt einstieg.

Für die Mieter*innen der BUWOG änderte sich nur bedingt etwas, zumal die überwiegende Anzahl der Wohnungen auch weiterhin dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz unterliegen und so den dort geltenden Mietbegrenzungen unterliegen. Offenkundig ist aber sogar ein verhältnismäßig günstiger Wohnungsbestand für große Immobilienkonzerne interessant genug, um ihn zu erwerben. Die Bezifferung des Vermögens, das der öffentlichen Hand durch die Privatisierung des Wohnungsbestandes verloren gegangen ist, ist schwierig, zumal hier die dauerhafte Mietpreisdämpfung miteinkalkuliert werden müsste. Da die Vermietung von Immobilien, die dem WGG unterliegen, weitaus weniger Gewinne einbringt, lässt sie sich auf dem Markt natürlich nicht ebenso teuer verkaufen wie eine gleichwertige, die keiner Mietpreisbindung unterliegt.

Auf den ersten Blick sind die Mieter*innen durch das WGG relativ gut geschützt und können Mietzins und Betriebskosten bei der Schlichtungsstelle überprüfen lassen. Allerdings wird von Mieter*innen immer wieder beklagt, dass die neuen Eigentümer den Instandhaltungspflichten nicht hinreichend nachkommen.

Wer allerdings das wirklich große Geld mit einer BUWOG-Immobilie machen will, muss diese entmieten und abreißen oder in den Bestand verdichten. Denn für nach 2001 errichtete Wohnungen gilt das WGG nicht. Folglich können diese dann zum Marktpreis vermietet und verkauft werden. Der Einzelwohnungverkauf ist übrigens eine weitere Möglichkeit, Wohnraum aus dem WGG herauszulösen und damit Gewinn zu machen. Wer als bisheriger Mieter eine BUWOG-Wohnung kauft, kann sie anschließend zum Marktmietzins weitervermieten. Das ist auch ein Grund, warum die Wohnungen für Immofinanz, Jargonnant Partners, Vonovia und Co zu weitaus niedrigeren Preisen über den Ladentisch gehen, als an die Mieter*innen.

Das Mietrecht ist ein Hund und die Gemengelage kompliziert. Dennoch hätten diese Immobilien niemals verkauft werden dürfen. Gerade Jargonnant Partners (JP), an die die BUWOG-Group das Tiroler Portfolio von rund 1150 Wohnungen verkauft hat, hat sich im Umgang mit den Mieter*innen durch eine besonders skrupellose Praxis ausgezeichnet und Mietzinsnachzahlungen für einen Zeitraum eingefordert, in dem noch nicht JP Eigentümerin war, sondern die BUWOG. Nun wurde bekannt, dass JP rund 50 Wohnungen wieder weiterverkaufen will für beinahe den doppelten Kaufpreis, den sie damals an die BUWOG-Group bezahlt hat. Das bringt die Frage nach einem Erwerb der Wohnungen durch die Stadt erneut auf das Tapet.

Die Mieter*innen müssen vor den Markt geschützt werden und die öffentliche Hand sollte etwaiges Nachverdichtungspotenzial zur Schaffung von zusätzlichem bezahlbaren Wohnraum realisieren. Deshalb sollte die Stadt sich dringend darum bemühen, die rund 770 Wohnungen wieder selbst zu erwerben. Die Stadt hat ein Vorkaufsrecht, das sie nützen sollte, und sie hat offensichtlich auch ein Einweisungsrecht, auf dem sie weiterhin bestehen muss, wenn der Kauf zum aktuellen Zeitpunkt nicht machbar erscheint.

Zum Schluss noch ein paar interessante Fakten zur Wohnungsfrage in Innsbruck: Die neuen Bevölkerungs- und Gebäudestatistiken für das Jahr 2019 sind da. Aus ihnen geht hervor, dass die anwesende Bevölkerung seit 2018 lediglich um 551 Menschen gewachsen ist. Dieser ergibt sich ausschließlich aus der rapiden Zunahme der Nebenwohnsitze. Die Entwicklung der Wohnnutzfläche hat mit dem Bevölkerungswachstum Schritt gehalten und das Verhältnis der Wohnnutzfläche pro Kopf hat sich etwas gesteigert, und zwar auf knapp 35 Quadratmeter pro Kopf für die anwesende Bevölkerung und knapp über 41 Quadratmeter pro Kopf für die Hauptwohnsitze. Wäre dieser vorhandene Wohnraum für alle, die ihn brauchen, zugänglich, hätten wir genug Platz für alle. Mit Blick auf die 11 328 Gebäude, in denen sich die 75 652 Wohnungen befinden, lässt sich festhalten, dass durch die Schaffung von nur einer zusätzlichen Wohneinheit pro Gebäude durch Dachbodenausbauten und Aufstockungen zusätzlich theoretisch mehr als 10 000 Wohnungen errichtet werden könnten. Damit soll deutlich werden, dass die Wohnungsfrage nicht ausschließlich eine Frage der Baulandgewinnung ist, sondern eine Frage der Nutzung des Bestandes. Dazu kommt, dass neuer Wohnraum durch die Überbauung von Einkaufszentren, Tankstellen und Verkehrsflächen geschaffen werden könnte. Es geht also darum, Wohnraum entsprechend zu organisieren. Dazu gehört die Förderung von alternativen Wohnformen und Wohngemeinschaften, die Mobilisierung von Wohnraum über die Vermittlung der öffentlichen Hand, die das für Privatvermieter*innen oft schwer kalkulierbare Risiko übernimmt und sichere – dafür aber geringere – Mieteinnahmen garantiert oder über die Bewirtschaftung von Leerstand über Hauswächter*innen, die die Gebäude kurzzeitig für Wohnzwecke nutzen können und sie im Gegenzug vor Schäden, die durch Leerstand entstehen, bewahren. Die Antwort auf die Wohnungsfrage muss also nicht immer nur der Baukran sein.

Auor: Roland Steixner

https://mietervereinigung.at/News/841/39094/Was-bedeutet-ein-BUWOG-Verkauf-fuer-die-Mieter

http://ooe.kpoe.at/article.php/20091007141620122

https://www.tt.com/wirtschaft/standorttirol/13288034/ehemalige-buwog-mieter-schlagen-alarm

https://www.tt.com/wirtschaft/wirtschaftspolitik/12647949/buwog-deal-neuer-eigner-wirft-erste-mieter-raus

https://www.tt.com/politik/landespolitik/15230287/den-gemeinnuetzigen-fehlt-guenstiges-bauland

https://www.innsbruck.gv.at/page.cfm?vpath=verwaltung/statistiken–zahlen/bevoelkerung

https://www.innsbruck.gv.at/page.cfm?vpath=verwaltung/statistiken–zahlen/bauen–wohnen

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